Bio-bibliografische Angaben Jeanette Blank ist 1981 in Liechtenstein geboren und hat in Zürich Germanistik, Sozialpädagogik und Publizistik studiert. Mittlerweile lebt sie im Raum Luzern und arbeitet dort als Jugendarbeiterin und Projektleiterin/Coach. Sie hat Texte in verschiedenen Zeitschriften und Zeitungen veröffentlicht. Unter dem Titel ›Von der Freiheit zu träumen‹ führt sie einen literarischen Blog mit Fotos, Gedichten und kurzen Texten. Wie verläuft Dein Schreibprozess? Ich
schreibe zuhause, am liebsten in der Zeit vor dem Mittag. Am Anfang steht immer
ein Titel oder ein Gefühl/Thema, aber kein Plot. Der Text entsteht beim
Schreiben, die Geschichte entwickelt sich währenddessen. Das heißt, ich kenne
den Schluss nie vorher. Die formalen Anpassungen/Änderungen passieren ebenfalls
während dem Schreiben oder ansonsten bei einer kurzen Überarbeitung. Ich
schreibe meine Texte aber fast immer in einem Durchgang. Innerhalb einer halben
bis einer ganzen Stunde stehen meine Texte, bei den Gedichten dauert das oft
auch nur zehn Minuten. Ich bin keine geduldige Schreiberin. Deswegen muss ich
auch immer in der Stimmung sein und mich beim Schreiben total in ein Gefühl
hineingeben oder mich in eine andere Person hineinversetzen können. Dafür
brauche ich Ruhe und Gelassenheit, und vor allem muss meine eigene Gefühlswelt
geordnet sein. Hast Du eine bestimmte Autorin, einen bestimmten Autor als Vorbild? Friedrich
Dürrenmatt, Markus Werner und Wolf Haas – bei Gedichten auch Erich Fried und
Rose Ausländer. Grundsätzlich mag ich eine klare, aber bildliche Sprache.
Schöne oder witzige sprachliche Formulierungen sind für mich wesentlich
wichtiger als ein spannender Inhalt. Welches ist Dein Lieblingsbuch? Liebstes
Buch: ›Festland‹ (Markus Werner) Liebstes
Gedicht: ›Noch bist du da‹ (Rose Ausländer) Welches ist Deine liebste literarische Figur? Ich habe keine liebste literarische Figur. Hast Du eine ganz bestimmte Lieblingsstelle in einem Buch? Ich
liebe schöne Sätze mit Wortneuschöpfungen, bildliche Beschreibungen und mit
dem Inhalt verknüpfte Überlegungen zur deutschen Sprache. Deshalb gebe ich
auch mehrere Lieblingsstellen aus verschiedenen Büchern an: ›Es
schneite stark. Grässlicher Schnee, sagte ich. Gnädiger Schnee, sagte er, schau
doch, hör doch, ein stiller Beifall für die Erde.‹ Markus
Werner, ›Festland‹ ›Es sind zwar Kühe, dachte er, aber sie stieren trotzdem.‹ Markus Werner, ›Die kalte Schulter‹ ›Dass
man, wenn man sehr müde ist, sagt, man sei todmüde, fiel mir ein, und dass man,
wenn man todmüde ist, doch voller Leben ist, und wenn man lebensmüde ist, schon
dem Tod nahe.‹ Bernhard
Schlink, ›Die Frau auf der Treppe‹ ›Die
Natur hat ihre Topfdeckel aufgemacht, milchige Schwaden sind übergewallt und
laufen am Boden aus.‹ Sibylle
Lewitscharoff, ›Pong‹ Wie sehen Deine Schreibpläne für die Zukunft aus? Irgendwann
möchte ich ein Buch schreiben – bis dahin übe ich einfach weiter und schreibe,
wonach ich das Bedürfnis habe. Ich habe viele Ideen und notiere mir alle fleißig,
jedoch bin ich der Meinung, dass ich noch ein bisschen mehr Lebenserfahrung
sammeln muss, um so zu schreiben, wie ich es mir vorstelle. Nach welchen Kriterien wählst Du Deine Geschichten aus? Im
Moment schreibe ich hauptsächlich für mich. Wenn meine Texte zusätzlich jemanden
berühren und zum Nachdenken oder sogar Träumen bewegen, finde ich das umso
schöner. Das ist auch das Schöne an der Form des Blogs: Mein Blog ist mein
Notizbuch und ich veröffentliche dort alles, was ich schreibe, egal, ob ich es
besonders gut finde oder nicht. Ich muss mich nicht um einen Markt kümmern,
denn auf diese Weise kann ich alles öffentlich machen. So kann ich üben, damit
umzugehen, dass andere meine Texte lesen und total anders verstehen, als es von
mir beabsichtigt war. Ich kann üben, meinen eigenen Stil und meine Art zu
finden, ohne einem zu großen Leistungsdruck unterworfen zu sein. Und ich kann
vor allem üben, mich davon unabhängig zu machen, was andere über meine Texte
und somit auch ein Stück weit über mich denken. Denn das empfinde ich als das
Schwerste am Schreiben überhaupt: ein Stück seines Inneren mit der
Veröffentlichung seiner Texte zu entblößen. Denn meine Texte kommen aus mir, es
geht dabei ja immer um Gefühle. Und auch wenn es fiktive Texte und fiktive
Figuren sind, auch wenn ich nicht biografisch schreibe, so ist die Gefühlswelt,
aus der ich schöpfe, doch ein Teil von mir. Kennst Du Deine Charaktere in- und auswendig? Ich
habe keine speziellen Charaktere. Aber allen ist gemeinsam, dass sie sich in
Tagträumereien und manchmal auch in ihren Gefühlen verlieren, um für kurze Zeit
der Realität zu entfliehen, weil die Realität nicht hundertprozentig ihrem
wahren Ich entspricht. Das ist auch das, was meine Charaktere alle mit mir
selbst gemeinsam haben. Im Prinzip geht es darum, irgendwann den Schritt aus
den Träumen in die Realität zurück zu machen und die Konsequenzen zu ziehen. Wer sind Deine ersten Probeleser? Alle, die
den Weg zu meinem Blog finden. Außer mir liest niemand die Texte, bevor ich sie
online stelle. Gibt es Genres oder Textgattungen, an die Du Dich nicht heranwagst oder die Dich nicht interessieren?
Ich bin
nicht diejenige, die sehr planmäßig und mit viel Recherchearbeit an das
Schreiben herangeht. Schreiben ist für mich etwas Intuitives. Und etwas
Sprachliches. Von dem her werde ich wohl eher keinen Krimi oder historischen
Roman schreiben, den man minutiös und bis ins Detail planen oder recherchieren
muss. Mein Fokus liegt mehr auf den Emotionen, den psychologischen Feinheiten
und gesellschaftlichen Zusammenhängen. | Veröffentlichungen (Auswahl)
|