Rekorde und Kurioses

Die ältesten literarischen Werke in der Landesbibliothek mit Liechtensteinbezug

Das älteste veröffentlichte literarische Werk mit Liechtensteinbezug, das sich im Bestand der Liechtensteinischen Landesbibliothek findet, ist ›Die sieben Schmerzen Mariae‹ (1877 bei Leo Wörl in Würzburg erschienen). Geschrieben wurde es von Franziska von Hoffnaaß. Die ursprünglich deutsche, später eingebürgerte Dichterin war die Gattin des liechtensteinischen Komponisten Josef Gabriel Rheinberger, zu dessen Opern oder Singspielen sie auch Libretti schrieb.

Das älteste unveröffentlichte literarische Werk mit Liechtensteinbezug im Besitz der Landesbibliothek ist das 158 Seiten lange Manuskript zu einem Gedichtband von Albert Schädler (1848 bis 1922), Landtagspräsident und Gründungspräsident des Historischen Vereins, das in Mainz bei einem nicht mehr ermittelbaren Verlag hätte erscheinen sollen.

Josef und Fanny Rheinberger

Der teuerste Ankauf der Landesbibliothek mit Liechtensteinbezug

Der teuerste Ankauf der Landesbibliothek eines Werks mit Liechtensteinbezug dürfte gemäß Auskunft des Landesbibliothekars die Erwerbung einer Erstausgabe von Peter Kaisers ›Geschichte des Fürstenthums Liechtensteins: nebst Schilderungen aus Chur-Rätien’s Vorzeit‹ (erschienen bei Wassali, 1847) sein. Nachdrucke aus den 1980er-Jahren werden in Antiquariaten zum Preis von etwa 150 Franken angeboten, während eine Originalausgabe bereits um das Zehnfache gehandelt wird.

Peter Kaiser

Das größte Werk mit Liechtensteinbezug

Das größte sich im Besitz der Landesbibliothek befindende Werk mit FL-Bezug ist mit den Maßen 52 mal 34 Zentimeter das ›Eschner Familienbuch‹, herausgegeben in zwei Bänden von der Gemeinde Eschen (1997, recte: 1998). Das Werk befindet sich zudem in einer 55 Zentimeter hohen Buchschachtel.

Das ›Eschner Familienbuch‹

Der fleißigste Herausgeber

Die höchste Anzahl an Herausgeberschaften literarischer Werke kann Jens Dittmar aufweisen, der für mehr als ein Dutzend Anthologien und Geschenkbände verantwortlich zeigt – manche unter seinem Namen herausgegeben, manche unter Pseudonym. Besonders hervorzuheben sind die Bände ›Lyrik aus Liechtenstein‹ und ›Von Hand. Schriftzüge durch Liechtenstein‹.

Werkauswahl: Jens Dittmar als Herausgeber

Der fleißigste Verleger

Am längsten als professioneller Verleger in Liechtenstein tätig ist Frank van Eck. Sein nach ihm benannter van Eck Verlag vertreibt seit 1982 Sachbücher und literarische Werke. Inzwischen sind unter seinem Verlagslabel über 160 Publikationen erschienen. Verkaufsträchtigste Titel sind der in der 7. Auflage vorliegende Sportbuch-Klassiker ›Der Golfschwung‹ sowie das mittlerweile in 16 Sprachen übersetzte Sachbuch ›Der Staat im dritten Jahrtausend‹ von Seiner Durchlaucht Hans-Adam II. von Liechtenstein. Das Verlagsprogramm liest sich inzwischen wie ein Who’s who der heimischen Literaturszene: kaum ein Name, der seit der Jahrtausendwende nicht zu den bekannteren FL-Literaten gehört und für den der van Eck Verlag Ausgangspunkt bzw. Sprungbrett für das weitere literarische Schaffen war.

Frank van Eck

Die längsten liechtensteinischen belletristischen Werke

Bildete der Seitenumfang lange Zeit einen wichtigen Kostenfaktor bei der Kalkulation eines Buchprojekts, so hat er seit Einführung des Digitaldrucks und des Print-on-Demand-Verfahrens kontinuierlich an Wichtigkeit verloren. Als logische Folge davon kommt es seit etwa 2010 vermehrt zu Publikationen, deren Seitenanzahl die 500er-Grenze überschreiten. Mit 1.115.334 Zeichen (inklusive Leerschlägen) ist Alessia Nipps Roman ›Licht heißt sehen‹ das längste belletristische Werk Liechtensteiner Provenienz. Knapp dahinter folgt mit 1.087.412 Zeichen Kurt J. Jaegers ›Im Sog der Gewalt‹ auf Rang zwei, während sich Doris Röckles ›Die List der Schanktochter‹ mit 995.766 Zeichen die Bronzemedaille sichert. ›Das Mündel der Hexe‹ – von derselben Autorin – hat es mit 990.421 Zeichen nicht mehr aufs Siegertreppchen geschafft und liegt auf Rang vier. ›Die Flucht der Magd‹, ebenfalls von Röckle, folgt mit 929.200 Zeichen auf dem fünften Platz.

Die Top Eleven der längsten belletristischen Werke (Angaben ohne Gewähr):

 

Alessia Nipp

Die häufigsten Stichworteintragungen im Bibliothekskatalog

Der Autor mit den häufigsten Stichworteintragungen im Gesamtkatalog der Liechtensteinischen Landesbibliothek ist Hans-Jörg Rheinberger. Er kommt auf mindestens 575 Nennungen (Stand März 2022), wobei auch Aufsätze, Interviews oder etwa Rezensionen mitgezählt werden. Dennoch zeugt die Bibliotheksliste von seiner jahrzehntelangen Tätigkeit als literarisch Schreibender, sei dies als Essayist oder als Lyriker.

Hans-Jörg Rheinberger

Die meisten Auszeichnungen bei ›Schönste Bücher aus Liechtenstein‹

Die beim Wettbewerb ›Schönste Bücher aus Liechtenstein‹ am häufigsten ausgezeichnete Person ist die Grafikerin Silvia Ruppen. Seit 2001 macht Liechtenstein mit einer nationalen Vorausscheidung für die Teilnahme am internationalen Wettbewerb mit. Stammten die erste Ausschreibungen zum Wettbewerb noch vom damaligen Kulturbeirat der liechtensteinischen Regierung, so zeichnet seit dem Jahr 2007 das Amt für Kultur (Abteilung Kulturschaffen) für die Ausführung des Wettbewerbs verantwortlich. 2001 bis 2006 wurden elf von Silvia Ruppen gestaltete Publikationen prämiert. In den Jahren 2007 bis 2020 wurden fünf Bücher prämiert, während zehn weitere eine ›Lobende Anerkennung‹ erhielten. (Stand März 2022.)

Silvia Ruppen

Der produktivste Autor

Gemessen an der Seitenanzahl ist der produktivste Liechtensteiner Autor wohl Kurt J. Jaeger, dessen Abenteuerromane, Jagd- und Heimatgeschichten allein in dem Dezennium von 2012 bis 2021 die Grenze von 3.700 gedruckten Seiten sprengten. Ihm dicht auf den Fersen ist Doris Röckle, die seit 2016 ihre Mittelalterromane veröffentlicht. Deren Gesamtumfang kommen auf mittlerweile über 2.700 Druckseiten (Stand Frühjahr 2022). Amelia Blackwoods seit 2011 veröffentlichte Werke liegen knapp über 2.400 Seiten.

Kurt J. Jaeger

Die längste Karriere als Autorin

Die am längsten öffentlich aktive Literatin ist die Lyrikerin Evi Kliemand, deren erste Lesungen Ende der 1960er-Jahre stattfanden. Sie hat demnach in sieben Jahrzehnten an literarischen Veranstaltungen teilgenommen – ein Rekord, der dereinst nur schwer zu übertreffen sein wird.

Evi Kliemand

Der fleißigste Drehbuchschreiber für TV-Dokumentationen

Zwischen 1984 und 2003 verfasste Manfred Schlapp die Skripte zu 41 TV-Dokumentationen, bei denen er auch den Regiepart übernahm. Ein Großteil dieser Dokus wurde für den ORF produziert. Für das Liechtensteiner Publikum von besonderem Interesse sind die folgenden Dokus:

Manfred Schlapp

Der fleißigste Drehbuchschreiber (Kategorie Fiktion)

Der freischaffende Autor Orlindo Frick, diplomierter Digital Artist (FH) und Absolvent der Serial Winterclass 2020 sowie der Akademie für Kindermedien, entwickelte bereits Comedy-Webisodes für das ZDF, Krimifolgen für SAT.1 oder auch Science-Fiction-Hörbuchserien für den Anbieter Audible. Sein Œuvre umfasst mittlerweile über 14 produzierte Drehbücher. Rechnet man die geschriebenen, aber noch nicht produzierten dazu, sind es bereits 25 Stück. Außerdem existieren noch diverse Drehbuch-Vorstufen wie Treatments oder Konzepte, die seit 2018 entstanden sind (Stand März 2022).

Orlindo Frick

Die am häufigsten auftretende literarische Figur

Die in der Liechtenstein-Literatur am häufigsten auftretende (womöglich aber dem Großteil der Leserschaft auch völlig unbekannte) Figur ist Alfredo Casanelli. Dieser ist eine Erfindung des Autors Armin Öhri, der die Spielart der Einzeltext-Referenz liebt, bei welcher Textteile anderer Autorinnen und Autoren in das eigene Werk integriert werden. So wurde Casanelli unter anderem bereits erwähnt als Profifußballer, Arzt, Herausgeber, Philosoph, SBB-Schaffner, Inhaber des Lehrstuhls für Logik an der Universität Bologna, Chat-Kollege einer Hauptfigur oder als der Name einer Pizzeria. Es darf davon ausgegangen werden, dass dieser akademische Treppenwitz weiter seine Kreise zieht und uns Casanelli immer wieder in mannigfacher Ausgestaltung über den Weg laufen wird.

Der Name Casanelli als Palimpsest

Die längste und langlebigste belletristische Buchreihe

Die längste und zugleich langlebigste belletristische Buchreihe eines Einzelautors bilden die historischen Kriminalromane um den jungen Tatortzeichner Julius Bentheim. Die Bücher des Autors Armin Öhri umfassen derzeit vier Bände, wobei ihr Protagonist in einem fünften Buch als Nebenfigur auftritt. Amelia Blackwoods ›Gebundene Herzen‹-Reihe, eine moderne, in der Schweiz angesiedelte Vampirsaga, kommt ebenfalls als Tetralogie daher. Die längste im Selbstverlag herausgebrachte Serie ist die Fantasy-Saga ›Trinn‹ des in Nendeln wohnenden Arztes Jakob Knut Barthel, dessen fünf Bände alle 2020 erschienen.

Die Julius-Bentheim-Romane

Die längsten literarischen Publikationsreihen

Die mit zehn Bänden umfangreichste literarische Publikationsreihe monografischer Schriften ist die 2014 bis 2018 bei van Eck erschienene ›Gedächtnisreihe Ludwig Marxer‹. Sie umfasste das ganze Spektrum der Belletristik und präsentierte vor allem – aber nicht ausschließlich – liechtensteinische und in Liechtenstein lebende Schriftstellerinnen und Schriftsteller.

Ebenfalls im van Eck Verlag erschien mit ›Lisa und Max‹ von 1993 bis 2015 die längste Kinderbuchserie des Landes. Sie umfasst zwölf Bildbände, deren Einzeltexte thematisch auf die zwölf Monate des Jahres eingehen. Außerdem erschien 2022 ein Wimmelbuch, das die bisherigen Veröffentlichungen noch einmal – diesmal ohne Text – nacherzählte.

Als langlebigste Anthologie mit Laientexten darf das seit 1993 mit wenigen Ausnahmen jährlich durchgeführte Projekt ›Kinder schreiben Geschichten‹ des TAK Theaters Liechtenstein angesehen werden.

Die vom Literaturhaus Liechtenstein herausgegebenen Jahrbücher existieren seit 2006 und bilden somit das langlebigste Periodikum zum Thema FL-Literatur. Die Bände beinhalten Beiträge diverser Gastautorinnen und -autoren zu unterschiedlichsten (meist im Jahrbuchtitel vorgegeben) Themen in allen literarischen Gattungen sowie Sachtexte.

Die Kinderbuchreihe ›Lisa und Max‹

Die UNESCO-Buchdefinition

Gemäß UNESCO-Definition gilt eine Publikation erst dann als Buch, wenn sie nichtperiodisch ist und mehr als 49 Seiten Umfang aufweist. So gesehen, hätte zum Beispiel die Kinderbuchautorin Anita Grüneis, deren Bilderbücher jeweils 32 Seiten umfassen, keine einzige monografische literarische Veröffentlichung vorzuweisen.

Anita Grüneis

Noch nicht auf Deutsch veröffentlichte Werke

Der 2014 bei Dalkey erschienene Roman ›Rapids‹ ist ein Kuriosum: Das Prosa-Erstlingswerk des Autors Patrick Boltshauser ist bislang nur in englischer Übersetzung erschienen, während die Veröffentlichung der deutschen Originalfassung noch immer auf sich warten lässt. 

Gleiches lässt sich zu Kurt J. Jaegers Roman ›Phoenix from the Cold‹ aus dem Jahr 2021 sagen. Auch hier existiert noch keine gedruckte deutsche Version.

Jonathan Huston veröffentlicht seine Texte auf Deutsch und Englisch. Viele seiner Kurzgeschichten existieren im Original und in Hustons eigener Übersetzung; manche sind jedoch noch nicht übersetzt – so zum Beispiel ›Changing Clothes‹, ›Dreamsex‹, ›Universalisation‹, ›The Silver Screen‹ und ›The Eaglebrook Massacre‹.

Coverausschnitt ›Phoenix from the Cold‹

Die erste von einer KI geschriebene Liechtenstein-Literatur

Zu Recherchezwecken für seinen Thriller ›Schweizer Logout‹ hat der Autor Armin Öhri im Sommer 2018 eine Künstliche Intelligenz einen Text schreiben lassen. Aus einem zur Verfügung gestellten Korpus, bestehend aus Werken der Gebrüder Grimm und aus Armin Öhris Romanen, schlug die Software Satzfolgen und Plot-Ideen vor. Dabei griff der Algorithmus auf das sogenannte ›Predictive Writing‹ zurück, das zum Beispiel auch bei der automatischen Texterkennung bei Handys zum Einsatz kommt. Diese Kollaboration zwischen Mensch und Maschine zeitigte lediglich einige Mängel bei der Grammatik und der Rechtschreibung, die korrigiert werden mussten. Das Ergebnis – eine makabre Kurzgeschichte mit dem Titel ›Vier Zimmer, Küche, Diele, Grab‹ – wurde am 31. Oktober 2018 beim 23. Literatursalon in der Landesbibliothek in Vaduz präsentiert.

Die erste auf einer App veröffentlichte Liechtenstein-Literatur

Im März 2022 veröffentlichte der Autor Jonathan Huston die Spiele-App ›Qirkat‹. Der Name der App weist auf ein Brettspiel hin, das im mittelalterlichen Spanien beliebt war und von Königinnen und Königen, Kalifen und einfachen Leuten gleichermaßen gespielt wurde und später gar die Entwicklung anderer Spiele wie Dame beeinflusste. Als literarische Zugabe gibt es auf der App drei von Huston selbst verfasste englische Kurzgeschichten zu lesen: ›Aurillac vs. al-Hakam‹, ›GPT-237 vs. The Milky Way‹ und ›Hilal vs. Badr‹. Diese drei Texte bilden somit die erste auf einer App veröffentlichte Liechtenstein-Literatur. 

Die App ›Qirkat‹

ChatGPT und die Liechtenstein-Literatur

Dass die von der Künstlichen Intelligenz ChatGPT erstellten Texte noch höchst fehleranfällig sind, zeigt der Versuch, sich von der KI einen Aufsatz über die hiesige Literaturszene anfertigen zu lassen. Von zehn gelisteten Schreibenden war lediglich eine Person tatsächlich Liechtensteiner Provenienz. Vier Personen aus dem nahen Vorarlberg beziehungsweise aus Schaffhausen wurden fälschlicherweise als Liechtensteiner ausgegeben, während die restlichen fünf Literaten völlig erfunden waren. So ist zum Beispiel von einer Judith N. Klopfenstein die Rede, »einer international berühmten Schriftstellerin und Übersetzerin aus Liechtenstein«, oder auch von einem Autor namens Werner Zogg, der in seinen Werken historische und kulturkritische Themen behandle und dafür zahlreiche Literaturpreise erhalten habe. Auch die Titel der veröffentlichten Werke sowie ihre Erscheinungsdaten waren von der KI ausgedacht. Zumindest in einem Satz behielt ChatGPT recht: »Beachte, dass Liechtenstein ein kleines Land ist und die Anzahl der Literaturschaffenden daher begrenzt ist.«

Das Fürstenhaus als literarische Produktionsstätte

Die Familie derer von Liechtenstein weist eine beachtliche Anzahl literarisch tätiger Personen auf. Während Fürst Hans-Adam II. (*1945) mit seinem Sachbuch ›Der Staat im dritten Jahrtausend‹ Erfolge feiern kann, ist Prinz Stefan (*1961) Mitglied im Kuratorium der S. Fischer Stiftung für Literaturförderung. Auch frühere Verwandte waren schon von der Muse geküsst. Die in jungen Jahren verstorbene Marie Fox (1850 bis 1878) zum Beispiel, ein von Henry Fox, dem vierten Baron Holland, adoptiertes Waisenkind, das in die Familie Liechtenstein einheiratete, veröffentlichte als Princess Marie Henriette Adélaïde of Liechtenstein 1874 bei Macmillan die zweibändige, inzwischen als kulturell wertvoll angesehene Ausgabe ›Holland House‹, in welcher sie Räumlichkeiten und Kunstwerke der Kensington-Residenz ausführlich beschreibt. Bei Burns & Oates erschien 1877, kurz vor ihrem Tod, der Liebes- und Familienroman ›Nora. A Novel taken from the German‹. Maries Ehemann Aloys von Liechtenstein (1846 bis 1920), ein Cousin des damals regierenden Fürsten Johann II., schrieb ebenfalls, und zwar hauptsächlich über Außenpolitik und soziale Ungerechtigkeit, was ihm den spöttischen Beinamen ›Der rote Prinz‹ eintrug. 1904 veröffentlichte er auch im Privatdruck den nicht im Handel erhältlichen Einakter ›Im hohen Hause‹.

Prinzessin Marie Liechtenstein

(Porträt von George Frederic Watts) 

Donald Duck & Co. in Liechtenstein

In dem 2014 erschienenen Disney-Sonderband ›Die Ducks in den Alpen‹ (eine Sonderausgabe der im Jahr zuvor im Micky-Maus-Magazin erschienen vierteiligen Comicserie) verschlägt es Onkel Dagobert zusammen mit Donald Duck und dessen Neffen Tick, Trick und Track in die Alpenländer Schweiz und Österreich. Obwohl der zweite Teil der Geschichte mit ›Der Gefangene von Liechtenstein‹ betitelt ist, kommt das Fürstentum lediglich als Transitland darin vor – und auch nur in einem einzigen Panel. Der Münchner Comiczeichner Jan Gulbransson erschafft darin jedoch eine Szenerie, die eine entfernte Ähnlichkeit mit dem Grenzübergang Ruggell-Bangs aufweist.

Panelausschnitt aus ›Die Ducks in den Alpen‹

Liechtenstein in der Manga- und Anime-Welt

In dem Web-Manga ›Axis Powers‹ von Hidekazu Himaruya, in dem diverse Nationen der Welt als personifizierte Figuren auftreten, gibt es auch den Charakter Liechtenstein. Der Manga hat sich zum Phänomen entwickelt: Mittlerweile existieren Hörspiele, Animes, Videospiele und sogar mindestens vier Musicals. Liechtenstein wird als 15 Jahre alte Jugendliche mit blonden Haaren dargestellt. Sie ist 1.52 Meter groß, ihren Geburtstag feiert sie am 12. Juli – also dem Tag, an dem das Fürstentum 1806 dem Rheinbund beitrat. Seit Jahren streiten sich die Fans darüber, mit welchem Namen die Manga-Liechtenstein angesprochen werden soll. Als Reminiszenz an die Ruggeller Schwertlilie werden immer wieder die Vorschläge Lili oder Lily gebracht; ihr richtiger Nachname sei Vogel oder Zwingli.

Die Manga-Figur Liechtenstein

Liechtenstein als kurioser literarischer Ort

Ein seltsames Kuriosum bilden jene Werke ausländischer Literaten, die sich Liechtenstein als literarischen Schauplatz ausgesucht haben, obwohl sie offenkundig keine Kenntnisse von Land und Leuten besitzen. Durchstöbert man das Internet nach ihnen, findet man solch skurrile Perlen wie Chad M. Carters Schwulen-Shortstory ›Hot Time in Liechtenstein‹, in welcher der Ich-Erzähler eine »fun gay time with a young man at the hotel« hat, oder etwa Roger Benites Enríquez’ Gangstergeschichte mit dem grotesk-komischen Titel ›La espía del biquini rojo y el tesoro de Liechtenstein‹ (auf Deutsch: ›Die Spionin im roten Bikini und der Schatz von Liechtenstein‹). In Ed Dunlops ›Escape to Liechtenstein‹ flüchten die Kinder Hans und Gretchen – noch arischere Namen gibt es ironischerweise wohl nicht mehr – vor den Nazis ins Fürstentum, und in Olaf R. Dahlmanns Kriminalroman ›Das Recht des Geldes‹ ist vom »Vaduzer Flughafen« (sic!) die Rede, während ein ukrainischer Auftragsmörder den Nachstellungen der Landespolizei entkommt, indem er »an der Plankener Landstraße im Vaduzer Wald, etwa drei Kilometer außerhalb der Innenstadt« (sic!) seine Identität wechselt.

Eine verkaufstechnische Überlegung ließ den deutschen Autor Robert Ruck (1921 bis 1986) seine Kriminalgeschichten in deutschen Metropolen ansiedeln. Nachdem sein Held, der Privatdetektiv Robert Briggs, bereits in Köln, Frankfurt und Berlin ermittelt hat, zieht es ihn in dem 1961 bei Goldmann erschienenen Kriminalroman ›Modenschau in Vaduz‹ in die liechtensteinische Hauptstadt. Kaum angekommen, bekommt er es mit »sympathischen Mannequins«, einem skurrilen Doktor mit makabren Theorien und einem grässlichen Doppelmord zu tun. Die auftretenden Personen tragen für Liechtenstein so untypische Namen wie Rößli oder Monthie. Der Polizist vor Ort ist ein Korporal namens Binding, der Barkeeper heißt Alfonso aus Mittenwald. Das Lokalkolorit hält sich in Grenzen. Das Hotel Real, in dem die im Titel erwähnte Modenschau stattfindet, wird fälschlich am Fuße des Falknis angesiedelt, während draußen vor dem Hotelrestaurant der Vaduzer Boulevard angelegt sein soll. Der Roman war der einzige des Autors, der auch ins Französische übersetzt wurde: Er erschien 1968 unter dem Titel ›Haute Couture à Vaduz‹ beim Verlagshaus Librairie des Champs Élysées in Paris.

Terry Southern (1924 bis 1995), Drehbuchautor der Hollywoodklassiker ›Dr. Strangelove‹, ›Barbarella‹, ›Easy Rider‹ und ›Cincinnati Kid‹, ließ in seinem 1970 erschienenen Roman ›Blue Movie‹ den angesehenen Filmemacher Boris Adrian in »dem unverdorbenen Fürstentum Liechtenstein« einen künstlerisch wertvollen Pornofilm drehen. Das Buch erschien ein Jahr nach seiner Veröffentlichung in deutscher Übersetzung bei Rowohlt, und zwar unter dem reißerischen Titel ›Der Super-Porno‹.

Eine kuriose Abwandlung der Datendiebstahl-Geschichte um Heinrich Kieber ist in Jochen Frechs Kriminalroman ›HUNT – Kein Weg zurück‹ zu finden. In dem 2022 erschienenen Werk ist es die »wortgewandte und attraktive Liechtensteinerin Marie«, welche einen USB-Stick mit Kundendaten klaut und an der Seite eines Surfprofis per Containerschiff nach Montevideo flüchtet, um von dort aus die liechtensteinischen Bankkunden – allesamt Steuersünder – zu erpressen.

Fazit: Wenn es um FL-Literatur geht, scheint der Absurdität manchmal keine Grenzen gesetzt zu sein.

Cover ›Modenschau in Vaduz‹

Urheberrechts- bzw. Quellennachweis:

Porträt Alessia Nipp: © Melanie Meier

Porträt Silvia Ruppen: © Paul Trummer

Porträt Evi Kliemand: © Daniel Ospelt

Porträt Manfred Schlapp: © Michael Kirchler

Panelausschnitt ›Die Ducks in den Alpen‹: © Egmont Verlag

Manga-Figur Liechtenstein: © Hetalia Wiki, Bildergalerie ›Liechtenstein‹